Am nächsten Tag sollte es früh losgehen da es richtig heiß werden sollte. Wir wachten mit dem Licht auf, wollten schnell packen und sogar ohne Kaffee in den Tag starten (Was bei zwei Kaffee-Junkies schon echt ein großes Zeichen von Motivation ist;). So packten wir alles, wollten los, und siehe da: Ein Platten. Dankeschön, Wüste. Hier liegen nämlich überall die stacheliegen Samen der Salzbüsche, Chenopods herum. Chenopods sind salz-tolerant und kommen mit Hitze und auch Bränden gut klar. Wir nennen sie die „Schmerzball-Pflanze“. Schmerzbälle sind nämlich nicht nur ein großes Problem, wenn man gerne Barfuß läuft, sie können auch ohne Problem Fahrradreifen durchdringen und lahm legen. Gut, dass wir Dornen-Resistente-Reifen im Gepäck haben, mal schauen wie das den Chenopods gefällt :D.
Marcus konnte den Reifen jedoch ultra schnell austauschen und so hat uns der platte Reifen vielleicht maximal eine halbe Stunde zurück geworfen.
Wir starteten in noch angenehmem Klima und fuhren durch ein rote Mars-Landschaft. Rote Steine, roter Sand, graue Salzbüsche und spärliche Vegetation. Ganz vereinzelt gibt es hier auch winzige Bäume, aber Schatten ist darunter nicht zu finden. Freundlicher Weise hatte auch der einzige Rastplatz, mit Aussicht auf einen Salzsee, keine Schatten-Bank. Ca. 50 Kilometer ohne Schatten mussten wir an diesem extrem heißen Tag bewältigen. Mit ca. 250 Höhenmetern, mit heißem Seiten-Wind, ohne bergab.


Tatsache ist, dass Australien irgendwie gewölbt ist, das Landesinnere liegt höher und an den Küsten wurde das Land aberrodiert. Deswegen sind es bis Alice Springs ca 2.000 Höhenmeter, nach Alice Springs geht es dann wieder „bergab“. Von wegen eben. Die Berge und die Hitze, und die Tatsache dass Marcus wegen seiner Sandale kaum laufen kann, machten den Tag zu einer echten Herausforderung. Wir mussten das Roadhouse in Pimba heute noch erreichen, es gab keinen Schatten und kein Wasser davor. Für eine weitere Nacht im Outback reichte das Wasser nicht. Also fuhren wir durch die brennende Hitze, motiviert durch kühles Bier in 50…25..15..10 km Entfernung.

Auf dem Weg sahen wir tausende tote Kangoroos und Emus. Ein Gestank aus Verwesung liegt in der Luft.
Mit letzter Kraft erreichten wir das Road-Haus in Pimba und bestellten Bier. Ein Bier kostet hier 6 Dollar. Dafür hat ein Bier aber auch die Wirkung von Dreinen. Zumindest kam uns das in unserer Verfassung so vor. Das Road-Haus ist generell ein komischer Ort, auf jeden Fall ein Ort mit wildwest-Feeling. Der Laden ist mit hunderten alten Nummernschildern, Aufklebern und Bildern aus allen möglichen Ländern dekoriert. (Mein Favorit: „Kein Fußball den Faschisten“ in deutsch.:D) Es gibt Alkohol zu kaufen (Was in Australien echt überraschend ist) und nur Gerichte mit Fleisch. Es gibt Road-Train-Burger, Fisch & Chips, Schnitzel, Hot-Dogs, Sausages-Rolls und unter Theke verkaufen sie auf Nachfrage vegetarische Burger. Weil das einfach nicht ins Bild passt. Vegetarische Burger, oder irgendetwas ohne Fleisch auf der Menü-Liste würde die Trucker mit Sicherheit verstören.

Während wir überteuerte Burger aßen, tranken wir weiter Bier und warteten die Mittagshitze ab, um die restlichen 6 km nach Woomera auf den Campingplatz zu rollen. Gegen 17 Uhr kamen wir an. Keine Menschen in Sicht. Woomera ist eine alte Militärbasis, die offenbar aufgegeben wurde, da Australien derzeit keinen Krieg mehr führt. Der zweite Weltkrieg ist ja schon länger vorbei, und auch der Krieg gegen die Emus ist gewonnen worden. Wer führt denn schon Krieg gegen flugunfähige Lauf-Vögel?
Jedenfalls werden in Woomera Militärflugzeuge und Raketen ausgestellt. Der Campingplatz befindet sich auf einem alten Kasernen-Gelände und auch der Pool erweckt den Anschein, als ob es sich hierbei um ein hübsch ausgebautes, altes Kasernen-Schwimmbad zur Ertüchtigung soldatischer Leistungen handelt.
Woomera wird also gerade zu einem Touristen-Ort umgebaut. Was fehlt, sind lediglich die Touristen. Das schönste in Woomera ist mit Sicherheit der große, überschattete und frei zugängliche Pool. Das Wasser weist nur einen minimalen Chlor-Gehalt auf und ist angenehm kühl, da andauernd Wasser abgepumpt wird und kaltes Wasser nachströmt. Die perfekte Abkühlung also, nach so einem höllisch heißen Tag. Den Pool hatten wir aufgrund mangelnder Touris und Einheimischer ganz für uns allein. Ein Bademeister saß am Rand und passte auf, dass wir nicht ertrinken, ein sehr exklusives Gefühl, jedenfalls. Die Duschen und generell alles ist mega sauber und zu perfekt um sogar kostenlos zu sein und Niemand nutzt es.
Auf dem Rückweg kamen wir an einer Schule vorbei. Auch hier war keine Menschenseele in Sicht – Dafür hunderte Kangoroos! Hüpfend, grasend, irritiert blickten sie uns an und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Wir fuhren zurück zum Campingplatz. Vetrlassen. Bis auf eine Camping-Caravan-Family und den (so offensichtlich schwulen, aber sehr netten) Besitzer des Campingplatzes und eine Bar-Frau. Die Bar-Frau war auch schon gerade dabei die Bar aufgrund mangelnder Kundschaft zu schließen, verkaufte uns aber trotzdem noch ein paar Biere und Wein und schenkte uns Eis zum Kühlen.
Es gibt zwei Arten von Einsamkeit. Die Einsamkeit im Outback zum Beispiel ist super schön und fühlt sich natürlich an. Aber die Einsamkeit in Woomera, die ich persönlich als Geisterstadt wahrnehme, ist irgendwie falsch. So beginnen Horrorfilme.
