Der Herr der Fliegen

Heute hatte Marcus einen doofen Start in den Tag: Nach dem Frühstück (köstlicher Reis von gestern) hat er eine Fliege eingeatmet. Die Fliege hat sich vollkommen in Marcus Rachen-Welt verflogen, begann dort „abzudancen“ (Zitat) und löste einen Kotz-Reiz aus. Marcus erbrach alles – nicht nur die Fliege – und war danach ziemlich angepisst. Fliegen sind hier echt ein ziemlich großes Problem. Alle haben uns vor den tödlich giftigen Tieren Australiens gewarnt. Bisher hatten wir mit denen keinen Kontakt. Die gefährlichsten Wildtiere, die wir bisher gesehen haben waren alles verschlingende Ameisen (im Happy Valley), ein mörderischer Mücken-Schwarm (Tag 1 Wildcamping) und eben diese Fliegen.

BikePACKING

Marcus fährt heute echt langsam, und ich bin auf der Flucht. Vor der Hitze. Vor der Sonne. Und vor dem Techno, der heute aus Marcus Megadröhnbolzen dröhnt. „Das motiviert!“ – Ja, zum weit vorweg fahren. Bald sehe ich Marcus nicht mehr. Aber auch keine Möglichkeit, wo ich das Rad anlehen kann oder im Schatten warten kann. Also fahre ich – wie für solche Fälle besprochen – zur nächsten Shadow-Bank. Dumm nur, dass die in ca. 50 km Entfernung liegt.

Techno moves

Es ist heiß, geht bergauf, und wir haben einen so heftigen Seitenwind, dass es einen fast vom Fahrrad reißt, wenn ein Roadtrain entgegenkommt. Also heißt es seitlich ranfahren. Juchhuu, aber wir wollen ja nicht sterben.

Als ich die Shadow-Bank endlich erreiche (nur noch 50 km bis Coober Pedy!) wartet ein Typ mit Motorrad auf mich und gibt uns drei Flaschen kaltes Wasser. „Kalt“ ist eine eigene Geschmacksrichtung. „Kalt“ ist nämlich richtig lecker. Und ja, es gibt einen Unterschied zwischen 50 Grad heißem, 20 Grad kaltem und eiskaltem Wasser. 🙂 Während ich auf Marcus warte, beginne ich Zwiebeln und Knoblauch für ein Rote-Linsen-Dahl vorzubereiten. Für gewöhnlich kocht Marcus immer, weil er das viel besser drauf hat, aber das Dahl war voll lecker und hoffentlich kommen wir so vollgefressen nach Coober Pedy. Mit ca. 3 Liter Wasser pro Person. In der Mittagshitze. Ich HASSE die Mittagshitze. Marcus ist schon mal um 15:30 vorgefahren, während ich noch im Schatten hocke, eine Kippe rauche, schreibe und mich hydriere. Ich werde ihn einholen, sicher! 😀 (16:00).

Die ersten 25 km fuhr es sich voll easy und voller Energie, nur es war leider sch***e heiß. Armer Marcus, er war ja schon länger in der Sonne. Die letzten Kilometer zog sich die Strecke dann irgendwie, 5 km vor Coober Pedy habe ich Marcus dann eingeholt. Platt. Beide, Marcus und sein Reifen. Mit mehrfachem aufpumpen (elektronisch!) haben wir es dann doch noch geschafft und ein Untergrund Motel (Desert Cave) bezogen.

Jetzt wollten wir Bier trinken. Tja, das ist nicht so einfach in Australien. Die Motel-Bar, die gegen 20:00 Uhr noch aufhatte fand ich viel zu spießig und ungemütlich. Also gingen wir raus, auf der Suche nach einer Bar. Ich konnte kaum laufen, weil meine Schuhe mittlerweile stark mumifiziert sind und die Hornhaut noch aufgeweicht war. So kamen wir zwar nur langsam voran, aber alle Bars hatten schon zu. Als wir im Motel ankamen, hatte die spießige Bar dort auch zu. Marcus war echt angepisst, weil der Bierdurst nicht gestillt werden konnte und so ging ich hinaus um die Gegend zu erkunden. Weit kam ich nicht, alles war verlassen, ich sah einen Dingo und fragte mich, wieso ich kein Messer dabei hatte. Auf der gegenüber liegenden Seite eines anderen Motels (welch bequemer Ort!) wollte ich mich auf einer Mauer hinsetzen und eine Zigarette rauchen.

Ein paar Menschen liefen umher, aber hier fühlte ich mich sicher. Bis diese Menschen, gerade als ich mich auf die Mauer gesetzt hatte, auf mich zugelaufen kamen. Drei Aboriginee-Frauen, offensichtlich betrunken. Ich sah sie gar nicht wirklich kommen, auf einmal waren sie da, fassten mich an, fragten mich wo ich herkomme und fanden meine Tattoos cool. Komische Situation. Die Aboriginee-Frau, die als erstes ankam wollte ich umarmen, weil ich dachte, dass man das so macht. Sie zuckte zurück. Und während alle drei irgendwie um mich rum liefen, stritten sie und warfen den Mann mit Sand ab. Schwer einzuschätzen, ich wollte nur noch weg und sagte, dass ich gehen möchte. Sie kamen mir hinterher, auch der Mann. Er rief den Frauen etwas zu und sie blieben nach einigem Rumgezeter zurück. Der Mann, Peter, meinte, dass er seit 5 Jahren in Coober Pedy lebt und die Frauen auf ihn akzeptieren und achten, weil sie in ihm so eine Art Spirit sehen.

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